Orhan Pamuk, geboren 1952 in Istanbul, studierte Architektur und Journalismus und lebte mehrere Jahre in New York. Er erhielt u. a. den Impac-Preis, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2006 den Nobelpreis für Literatur. Er schrieb zahlreiche Romane, darunter Schnee und Die rothaarige Frau.
Gerhard Meier, geboren 1957, studierte Romanistik und Germanistik. Nebenbei lernte er die türkische Sprache. Seit 1986 lebt er bei Lyon, wo er literarische Werke aus dem Französischen und aus dem Türkischen überträgt. 2014 wurde er mit dem Paul-Celan-Preis ausgezeichnet.
Literatur-Nobelpreisträger 2006
Orhan Pamuk
Aus dem Türkischen von Gerhard Meier, geprägtes Leinen mit eingelassenem Bild, farbiges Vorsatzpapier, Lesebändchen, 696 Seiten, Einbandgestaltung von Cosima Schneider unter Verwendung eines Gemäldes von Ahmet Isıkçı.
NR 174022 | € 34.00
Kann eine alles erschütternde Katastrophe die Menschen einen? Als im Jahre 1901 auf Minger die Pest ausbricht, beschuldigen sich Muslime und Christen gegenseitig. Ob nun die Pilger aus Mekka den Erreger eingeschleppt haben oder die Händler aus Alexandrien: Auf der Insel bricht Chaos aus. Als Sultan Abdülhamit II. sowie England und Frankreich die Insel mit Schiffen blockieren lassen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern, sind die Menschen auf Minger auf sich allein gestellt.
Pamuk verbindet raffiniert Fantasie und Wirklichkeit, Vergangenheit und Gegenwart, Ost und West. Ein einzigartiger Abgesang auf das von Nationalismus und Aberglaube gefährdete Osmanische Reich.
Orhan Pamuk
Leinen, Schutzumschlag, Lesebändchen, Leinen, Umschlaggestaltung von Isabel Schubert.
NR 16986X | € 19.00
Die rothaarige Frau verdreht dem vaterlosen Cem den Kopf. Sie ist Schauspielerin in einem Wandertheater, er der Lehrling des Brunnenbauers Mahmut. Auf Cem wirkt diese Frau wie ein Magnet, seine Verliebtheit setzt einen Dominoeffekt von Ereignissen in Gang. Als ein furchtbarer Unfall passiert, flieht der Lehrling in die Anonymität der nahen Metropole, wo Mahmut ihm noch immer in seinen Träumen erscheint. Doch eine unerklärliche Anziehungskraft sorgt dafür, dass Cem nach Jahren wieder zum Brunnen zurückkehrt. Dort erwartet ihn etwas Ungeheures …
Literatur-Nobelpreisträger 1910
Paul Heyse, Luigi Olivadoti
9 Abbildungen, Mit einem exklusiven Vorwort von Hans Pleschinski und farbigen Illustrationen von Luigi Olivadoti, bedrucktes und geprägtes Leinen, Lesebändchen, 160 Seiten, Einbandgestaltung von Luigi Olivadoti.
NR 172860 | € 20.00
Im Venedig des 18. Jahrhunderts genießen Adel und Klerus das Leben in freien Zügen, während das Volk unter einer Herrschaft voll von Machtgier, Denunzieren und Bespitzeln leidet. Über allem thronen die Inquisitoren, deren willkürliche Urteile so berüchtigt wie gefürchtet sind. Auch der Mann mit Decknamen Andrea Delfin verlor seine Geschwister an das unrechte System – und schwört Vergeltung. Zunächst scheint sein Plan aufzugehen, doch dann lauert eine Falle.
Literatur-Nobelpreisträger 1972
Heinrich Böll, Klaus Detjen
Herausgegeben und gestaltet von Klaus Detjen, mit einer Nachbemerkung von Ursula Töller, fester Einband mit Schutzumschlag, 104 Seiten, Buchgestaltung von Klaus Detjen.
NR 173840 | € 34.00
„Hier auf dem Dampfer war England zu Ende: hier roch es schon nach Torf, klang kehliges Keltisch aus Zwischendeck und Bar, hier schon nahm Europas soziale Ordnung andere Formen an“ – Bölls behutsamer und liebevoller Text über die Iren. In den frühen 1950er-Jahren brach Heinrich Böll auf die grüne Insel auf, den Blick auf ein armes Land am westlichen Rand Europas gerichtet, und bringt uns so die Menschen Irlands auf ganz besonders eingängige und einfühlsame Weise näher.
Literatur-Nobelpreisträger 2017
Kazuo Ishiguro, Janna Klävers 21 Abbildungen, Aus
dem Englischen von Hermann Stiehl, mit 21 farbigen Zeichnungen und einer
Nachbemerkung von Janna Klävers, bedrucktes und geprägtes Leinen, Fadenheftung,
Zeichenband, 320 Seiten, Buchgestaltung von Cosima Schneider. NR 172070 | € 30.00 Seit Jahrzehnten
dient Stevens als Butler auf Darlington Hall und hat sein Leben voll und ganz
in den Dienst seines Herrn gestellt. Er sorgt für einen tadellosen Haushalt und
ist die Verschwiegenheit in Person: Niemals würde er auch nur ein Wort über die
Vorgänge im Herrenhaus verlieren. Auch die vorsichtigen Annäherungsversuche von
Miss Kenton, der Haushälterin, weist er brüsk zurück. Viele Jahre lang lebt er
ergeben in seiner Welt, bis ihn eines Tages die Vergangenheit einholt.
Mit seinem verschmitzten Roman Die Nächte der Pest schreibt Orhan Pamuk eine Chronologie der fiktiven Insel Minger, über die Seuche, Mord und Revolution hereinbrechen.
Ein üppiges und farbintensives Leseerlebnis, durch das gekonnt die Realität hindurchschimmert.
Ein Beitrag von Martin Oehlen
"Nobelpreisträger Orhan Pamuk lässt in Die Nächte der Pest einer schier übermütigen Erzählfreude ihren Lauf. So farbenfroh und so detailverliebt kommt sein Roman daher, dass es nur stetig brodelt und schäumt."
Martin Oehlen
Dass es ein dickes Buch geworden ist, bestätigt die Erzählerin Mina Mingerli auf Seite 691 höchstselbst. Aber wie könnte man der bestens informierten Historikerin ein solches Ausmaß verdenken? Denn wer könnte die turbulente Geschichte der Insel Minger im Jahre 1901 kundiger vermitteln? Selbstverständlich hat dies vor allem damit zu tun, dass Mingerli die Urenkelin von Pakize Sultan ist, der dritten Tochter des 33. osmanischen Sultans Murat V. Ursprünglich wollte sie nur ein Vorwort zur Edition der 113 Briefe schreiben, die Pakize Sultan zwischen 1901 und 1913 an ihre Schwester Hatice Sultan geschickt hatte. Doch dann weitete sich das Ganze zu einem „Geschichtsbuch“ aus, das auf eben diesen Briefen von Pakize Sultan basiert, die für kurze Zeit als Königin von Minger amtierte.
Auf der Karte sucht man Minger, „die Perle des östlichen Mittelmeers“, vergebens. Orhan Pamuk entschied sich in seinem Roman Die Nächte der Pest für eine von Muslimen und Christen bewohnte Fantasie-Insel. Auf dem burgbewehrten Eiland bricht eines Tages die Pest aus: Die Reaktionen reichen von nicht wahrhaben wollen bis zur strengen Quarantäne, vom mahnenden Mediziner bis zum widerborstigen Pest-Leugner. „Lockdown“ hieß damals noch „Ausgangssperre“.
Der Mord am berühmten Quarantänearzt Bonkowski Pascha ist der Anfang von allerlei Todesfällen – auch solchen, deren Ursache nicht der Pest zuzuschreiben ist, sondern gewalttätigen Auseinandersetzungen und kurzerhand verhängten Todesurteilen. Dass die böse Tat und die langwierige Aufklärung auf bekannten Romanen von Alexandre Dumas oder Arthur Conan Doyle fußen, darf an dieser Stelle verraten werden.
Schließlich wird in Minger Geschichte geschrieben: Das pestverseuchte Eiland, das von Schiffen der Großmächte blockiert wird, erklärt seine Unabhängigkeit vom osmanischen Reich. Die revolutionäre Erhebung vom 28. Juni 1901 gehört zum Schönsten, was das Buch zu bieten hat: eine Politfarce wie gemalt. Dass die Mingerer sogleich einem aufgeklärten Staatswesen zustrebten, lässt sich nicht behaupten. So ist eine der ersten Maßnahmen des Staatspräsidenten, den die Mingerer auf alle Zeiten lieben werden, der Druck einer Briefmarke mit dem eigenen Konterfei. Und als Archäologen behaupten, Minger sei in der Vergangenheit wohl eines Tages besiedelt worden, lässt sich der Präsident nichts vormachen – er weiß zwar nichts, das aber besser. Überhaupt ist Geschichtsklitterung ein schöner Strang in diesem Buch.
Natürlich neigt man beim Lesen dazu, diese Ereignisse mit unserer Gegenwart in Verbindung zu bringen. Anmerkungen wie jene, dass Minger im Jahre 2008 die Aufnahme in die EU beantragt habe, lassen aufmerken. Dies habe zur Folge gehabt, dass es auf einmal nicht mehr so leicht gewesen sei, Oppositionelle einzuschüchtern. Wer da an die Türkei denkt, denkt vermutlich nicht in die falsche Richtung.
Nobelpreisträger Orhan Pamuk lässt in Die Nächte der Pest einer schier übermütigen Erzählfreude ihren Lauf. So farbenfroh und so detailverliebt kommt sein Roman daher, dass es nur stetig brodelt und schäumt. Da ist immer noch Platz für eine Randbemerkung, da findet sich immer noch Raum für einen eingeklammerten Hinweis. Bei so einer umfangreichen Erzählung ist es auch mal geboten, kurz Luft zu schnappen – um sich bald darauf mit neuem Elan an dieses türkisch-griechische Panorama zu machen. Das funktioniert, wirklich – denn Orhan Pamuk zündet mit diesem Roman ein wahres Feuerwerk. Mal ernst und mal ausgelassen und zumeist leicht verschmitzt erzählend, demonstriert er seine Meisterschaft. So viel steht fest: Ehrenbürger von Minger wird er gewiss.
Martin Oehlen beschäftigt sich privat und professionell mit Büchern und bloggt auf buecheratlas.com