Die Büchergilde Gutenberg wurde 1924 gegründet. In den mehr als 90 Jahren ihres Bestehens wurden nicht nur viele Bücher herausgegeben, es hat sich auch sonst sehr viel ereignet. Es ist eine wechselvolle Geschichte von den kämpferischen Gründungsjahren, der Verfolgung und Exilzeit, den blühenden Nachkriegsjahren, der Trennung von den Gewerkschaften und dem erfolgreichen Neustart. Wir präsentieren Ihnen hier eine Chronik in Text und Bild der ältesten Buchgemeinschaft im deutschsprachigen Raum.
1924-1929
Eine Idee wird Wirklichkeit: Die Gründung der Büchergilde Gutenberg
1924 tagte der Bildungsverband der deutschen Buchdrucker und beschloss die Gründung
einer gewerkschaftlichen Buchgemeinschaft. Dem unterprivilegierten Arbeiter sollte
der Zugang zur Bildung erleichtert bzw. oftmals erst ermöglicht werden, verbunden
mit handwerklichem Können. Kein leichtes Vorhaben.
1930-1939
Zweimal Büchergilde: „Gleichschaltung“ und Exil
Am 2. Mai 1933 besetzte die SA das Verbandhaus
der Deutschen Buchdrucker; die Nationalsozialisten übernahmen die Büchergilde
Gutenberg. Dreßlers Bemühungen, die Gleichschaltung des Unternehmens
zu vermeiden, waren gescheitert.
1940-1949
Zurück in Deutschland – Neustart und Neuaufbau
Gleich nach Kriegsende bemühte sich
Bruno Dreßler zusammen mit seinem Sohn Helmut um eine Rückkehr der
Buchgemeinschaft nach Deutschland. Trotz zahlreicher bürokratischer Hürden
gelang es ihnen schließlich im März 1947, die Büchergilde mit
Sitz in Frankfurt am Main wieder zu gründen. Doch damit fingen die Schwierigkeiten
erst an ...
1950-1959
„Schaffe gute Bücher in dein Haus“
Die Mitgliederzahlen wuchsen und die Büchergilde betätigte sich wieder mehr als eigenständiger Verlag. In den fünfziger Jahren sind im Programm der Büchergilde vor allem das zweibändige Lexikon der Büchergilde und die auf Anregung der Büchergilde geschriebene Deutsche Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts von Golo Mann hervorzuheben.
1960-1969
„Mit vierzig, heißt’s, beginnt das Leben? Dann gratulier ich – zum Beginn!“ Erich Kästner
In den sechziger Jahren weitete die Buchgemeinschaft ihr Programm stark aus. Fester Bestandteil wurde das politisch-historische Buch. Seit Hannah Arendts Analyse Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1958) widmete sie sich immer wieder den Themen Nationalsozialismus und „Drittes Reich“, aber auch der Auseinandersetzung mit Stalinismus und Kommunismus. Und: Die Büchergilde feiert ihr 40jähriges Bestehen.
1970-1979
Genussvolle Bände, sperrige Bücher: Ein Programm wider die Flut der laufenden Bilder
Günter Grass würdigte 1974 in seiner Laudatio zum 50. Verlagsgeburtstag die Treue zur Tradition und warb für das gute Buch: „Für zweihundert Mark sollte es möglich sein. Soviel kostet ein funkelndes Kofferradio in mittlerer Preislage, soviel kosten zwei Konfektionskleider, ein Anzug von der Stange, zwölf Kilo Rinderbraten oder Schweinefilet. Ich biete Bücher. Sie halten länger. Sie lassen sich bei jedem Wetter benutzen. Sie machen nicht dick. Sie ersetzen Reisen, sind aber auch leicht transportabel. Mit Büchern will ich für das Lesen werben.“
1980-1989
Die Bibliothek für kritische Leser
Mit den Jahren entstanden neue Programmlinien. 1982 startete Die kleine Reihe, die „Bibliothek für kritische Leser“, mit anspruchsvollen literarischen Texten, Essays, Kurzprosa und Gedichten in eigenwilliger Gestaltung und handlichem Format. „Jeder Einband mit einem Bildmotiv nach einer Originalzeichnung, die für jeden Band individuell in Auftrag gegeben wird. Auch junge Künstler sollen hier eine Chance bekommen“, heißt es in der Verlagsankündigung.
1990-1999
Die unabhängige Büchergilde
Inzwischen waren schwierige Jahre für die traditionelle Buchgemeinschaft angebrochen, deren Bindung an die Gewerkschaften sich immer nachteiliger auswirkte. Eine Lösung musste her und wurde gefunden: Leitende Mitarbeiter übernahmen 1998 in einem Management-buy-out die Büchergilde Gutenberg. Damit war nach langem Bangen gelungen, die Unabhängigkeit von Verlag und Programmarbeit zu sichern.
2000-heute
Zurück zu den Wurzeln und auf zu neuen Ufern
Die wirtschaftliche Sanierung und Gewinnung neuer Mitglieder wurde besonders durch eine engagierten Programmpolitik vorangetrieben, die an die alten Ideale der Gründungsidee in neuer Form anknüpfte: die Konzentration auf ein qualitativ hochwertiges Programm mit außergewöhnlicher Ausstattung zu günstigen Preisen. Durch die Anknüpfung an die verlegerische Tradition der Büchergilde konnten die Weichen für eine nachhaltig erfolgreiche Entwicklung gestellt werden.